Implizite besucherorientierte Museumsführungen
Dr. Daniel Bodemer, Universität Tübingen
Dieses Projekt befasste sich mit unterschiedlichen medialen Gestaltungsmöglichkeiten, die Museumsbesucher dabei unterstützen können, Ausstellungen an eigene Kenntnisse, Ziele und Motive angepasst, elaboriert und dennoch selbstgesteuert zu erkunden. Dabei griff es zwei zentrale Aspekte des Gesamtprojekts auf: (1) die Selbststeuerung und Freiwilligkeit von Lernprozessen im Museum sowie (2) die Informationsvermittlung anhand authentischer Objekte. Darüber hinaus wurde besonderes Augenmerk auf soziale Aspekte des Lernens im Museum gelegt. Ziel des Projekts war die Konzeption und experimentelle Überprüfung impliziter Strukturierungsangebote. Diese sollen als aufmerksamkeitslenkende Informationsgrundlage für die systematische Erschließung von Ausstellungen sowie für die mentale Kohärenzbildung zwischen Objekten und Begleitinformationen dienen, ohne den Besuchern einen Weg durch die Ausstellung vorzuschreiben.
- Aktive Informationsintegration. Hier hatten die Besucher die Möglichkeit, interaktiv verschiedene Exponate und deren Begleitinformationen einander zuzuordnen. Damit sollten einerseits lernförderliche Verknüpfungsprozesse zwischen den verschiedenen Darstellungen gefördert werden, andererseits soll die Aufmerksamkeit der Besucher implizit auf Informationen und Exponate gelenkt werden, die sie bislang noch nicht wahrgenommen oder verstanden haben. In einer experimentellen Studie (Ausstellung Nanodialog; N = 60) zeigten sich höhere Verständnisleistungen sowie ein aktiveres und systematischeres Besucherverhalten mit aktiver Informationsintegration als bei einer vorintegrierten Präsentation der Exponate und Begleitinformationen.
- Kooperative Informationsintegration. Bei dieser Unterstützungsmaßnahme hatten mehrere Besucher gleichzeitig und unabhängig voneinander die Möglichkeit, Objektdarstellungen und Begleitinformationen zuzuordnen. Über die individuellen Effekte aktiver Informationsintegration hinaus, sollte hier die Aufmerksamkeit von Besuchergruppen auf unterschiedlich zugeordnete Ausstellungsobjekte gelenkt und damit lernförderliches Diskussionsverhalten angeregt werden. Eine experimentelle Studie (Ausstellung Nanodialog; N = 64) bestätigte die wesentlichen Effekte individueller Informationsintegration auch für Besucherdyaden. Darüber hinaus zeigte sich ein Einfluss unterschiedlicher Zuordnungskonstellationen auf das Diskussionsverhalten.
- Präsentation von Besucherbewertungen. Hier schätzten Besucher die Informationshaltigkeit und Schwierigkeit von Exponaten ein. Diese Einschätzungen wurden in der Ausstellung zurückgespiegelt, um den Besuchern die Wahl der Ausstellungsinhalte angepasst an ihre jeweilige Zielorientierung zu ermöglichen. Es wurde erwartet, dass Besucher mit hohem Lernziel "informationshaltige" Exponate bevorzugen, während leistungsorientierte Besucher vermehrt "herausfordernde" Exponate auswählen. In einer experimentellen Studie (Ausstellung Nanodialog; N = 60) bestätigte sich diese Annahme teilweise. Personen mit hohem Lernziel verhielten sich hypothesenkonform und betrachteten vorwiegend Exponate, die als informationshaltig charakterisiert waren, während Personen mit Leistungsziel keine Präferenz für "herausfordernde" Exponate zeigten, sondern den Pfaden anderer Besucher folgten.