Page 34 - IWM_Jahresbericht_2019
P. 34
34
Für das Deutsche Museum München
wurde ein prototypischer Ausstellungs-
bereich entwickelt: Besucherinnen und
Besucher konnten wahlweise Fotos von
Objekten oder die echten Gegenstände
in Glasvitrinen sehen. Zusätzlich gab es
die Option, die Exponate auch anfassen
und abtasten zu können.
„Disentang ling Perceptual and Cognitive
DESIGN-STUDIE AM DEUTSCHEN MUSEUM Explanations for Auditory-Induced
IN MÜNCHEN Bouncing” untersucht werden.
Für das Deutsche Museum in München entwickelt die Arbeitsgruppe im Rahmen Das Zusammenspiel multipler sensori-
eines DFG-Erkenntnistransfer-Projekts einen prototypischen Ausstellungs- scher Informationen ist auch Gegenstand
bereich zum polarisierenden Thema „Nutztierhaltung“. In einer dort laufenden der DFG-geförderten und im Jahr 2017
Schau sahen die Museumsbesucherinnen und -besucher wahlweise Fotos von gestarteten Untersuchungsreihe „Ein-
landwirtschaftlichen Objekten oder die echten Gegenstände in Glasvitrinen; fluss gesprochener Texte auf die kogni-
zusätzlich gab es die Option, die Exponate nicht einfach nur zu sehen, sondern tive Verarbeitung komplexer bildlicher
auch anfassen und abtasten zu können. Es zeigte sich, dass die Exponate besser Darstellungen“. 2019 wurde in diesem
verstanden und erinnert wurden, wenn sie nicht nur als Foto, sondern als realer Kontext der Einfluss auditiver Informa-
Gegenstand präsentiert worden waren. Verständnis und Erinnerung profitierten tionstexte auf die kognitiven Prozesse
zusätzlich davon, wenn die Gegenstände auch angefasst werden konnten. Beim bei der Verarbeitung von Kunstwerken,
Interesse zeigte sich erstaunlicherweise der gegenläufige Effekt: Das am Ende wie sie in TV-Dokumentationen oder in
des Ausstellungsbesuches abgefragte Interesse am Thema war am höchsten, Museen und Ausstellungen präsentiert
wenn die Gegenstände zuvor nur als Foto betrachtet werden konnten. Für die werden, untersucht. Eine Studie ver-
Gestaltung von Ausstellungen bedeutet dies, dass wann immer möglich, die wendete Historiengemälde und dazu
Besucherinnen und Besucher präsentierte Objekte auch haptisch erkunden begleitende Audiotexte. Es zeigte sich,
können sollten.
dass die Integration dieser Informationen
(Gemälde und Text) davon abhängt, ob
die Informationen zeitlich und räumlich
nah zueinander oder versetzt präsentiert
mittels GPS-Trackern, um diese in einer digkeiten verändern. Fünf im Berichtsjahr werden, und in welcher semantischen
interaktiven Kartenanwendung aufzu- durchgeführte Experimente konnten Beziehung die Informationen stehen.
bereiten. Basierend auf der Analyse der zeigen, dass die zeitliche Koinzidenz Die Ergebnisse einer im Projekt bereits
Profile und Bewegungsmuster soll das zwischen visuellen und auditiven/takti- 2018 durchgeführten Studie wurden
Wegeleitsystem in Sachsenhausen neuge- len Ereignissen visuelle Aufmerksamkeit 2019 auf der EARLI-Conference in Aachen
staltet werden. auf diese Objekte lenkt und dadurch präsentiert. Ein begleitendes Dissertati-
deren wahrgenommene Geschwindigkeit onsprojekt untersucht, inwiefern sich die
Multisensorische Integration erhöht. Inwieweit solche zeitlich zu visu- Benennung von Diskrepanzen zwischen
Das 2016 angelaufene Projekt „Wahrneh- ellen Ereignissen auftretenden auditiven Historiengemälden und dem tatsäch-
mung multimodaler Ereignisse“ befasst und taktilen Reize auch die Interpretation lichen historischen Ereignis in einem
sich mit der Frage, inwieweit gleichzeitig einer wahrgenommenen visuellen Szene Audiotext auf die kognitive Verarbeitung
auftretende auditive und taktile Reize die beeinflussen, wird im Rahmen eines der Gemälde sowie das Hineinversetzen
Wahrnehmung visueller Objektgeschwin- für 2020 genehmigten DFG-Projektes in die dargestellten Ereignisse auswirkt.