LMMP – Lernunterstützende Multimedia-Plattform zur pädagogischen
Förderung von Schülerinnen und Schülern mit geistiger Behinderung
Arbeitsgruppe Wissenskonstruktion
Laufzeit
Februar 2006 - Dezember 2008
Förderung
Landesstiftung / Medienoffensive Schule II
Webseite
http://www.lmmp-bw.de/
Projektbeschreibung
Es
gibt keinen Zweifel, dass Computer geeignet sind, Schüler mit Lernschwierigkeiten
beim Lernen zu unterstützen. Gleichwohl gibt es einen Mangel an professioneller
Lernsoftware für diese Zielgruppe. Auf der einen Seite gibt es von Sonderschulpädagogen
gestaltete Software mit hohem didaktischen Anspruch, aber geringer technisch-informatischer
Qualität. Auf der anderen Seite existiert eine große Zahl kommerzieller
Lernsoftware mit geringer pädagogisch-didaktischer Qualität. Im Projekt
LMMP – Lernunterstützende Multimedia Plattform für Schüler mit
einer geistigen Behinderung haben wir versucht, dieses Problem mit Hilfe eines
partizipativen und interdisziplinären Designprozesses zu bewältigen.
Das Hauptziel war die Integration des Computers in die tägliche Lehr- und
Lernpraxis ohne diese zwangsweise neu zu definieren oder zu verändern.
Vielmehr sollen bestehende Arbeitsabläufe der Lehrer und Schüler gezielt
unterstützt werden. Um dieses Ziel zu erreichen nutzten wir die komplementäre
Expertise von Lehrern an Schulen für Geistigbehinderte, Informatikern und
Psychologen. Insgesamt wurden zehn Module (u.a. zur visuellen Wahrnehmung, zum
Lesen und Schreiben und zum Rechnen) entwickelt. Um den Schülern einen
einfachen Zugang zu den Aufgaben zu ermöglichen wurde ein spezieller Schülerdesktop
entwickelt.
Erste Erfahrungen von Lehrern und Schülern im Umgang mit der Software waren
sehr positiv. Wir konnten beobachten, dass die einzelnen Module von den Lehrern
leicht an die speziellen Bedürfnisse einzelner Schüler angepasst werden
konnten. Infolgedessen waren die Schüler sehr motiviert und konnten effektiv
mit der Software arbeiten.
Das Lehrerwerkzeug
Mit dem Lehrerwerkzeug können Lehrer neue Aufgaben entwerfen und bereits
vorhandene Aufgaben überarbeiten. Letzteres erlaubt dem Lehrer die Wiederverwendung
einer erstellten Aufgabe und den Austausch von Aufgaben über das Internet.
Abbildung 1 zeigt den Entwurf einer Schreibaufgabe im Lehrerwerkzeug.
Abbildung 1: Erstellen einer Aufgabe mit dem Lehrerwerkzeug
Für komplexe Aufgabenstrukturen wurden Assistenten entwickelt, die den
Lehrer beim Erstellen der Aufgabe unterstützen (Abbildung 2). Davon unabhängig
besteht jedoch immer die Möglichkeit auch in komplexem Modulen Aufgaben
ohne einen Assistenten zu entwerfen bzw. nachträglich Änderungen vorzunehmen.
Dadurch wird eine optimale Flexibilität während der Aufgabengestaltung
gewährleistet.
Abbildung 2: Erstellen einer neuen Aufgabe mit einem Assistenten
Der Schülerdesktop
Um den Schülern einen einfachen Zugang zu den erstellten Übungen zu
ermöglichen und die Aufmerksamkeit alleine auf die Erledigung der zu bearbeitenden
Lerninhalte zu lenken wurde ein spezieller Desktop entwickelt. Dabei konnten
Erfahrungen aus anderen Forschungsprojekten aufgegriffen werden. Damit der Desktop
den speziellen Anforderungen von Schülern mit einer geistigen Behinderung
bzw. Förderschülern gerecht wird, wurde in Zusammenarbeit mit der
Fa. Wertewerk (http://www.wertewerk.org)
aus Tübingen ein spezielles Design entwickelt, dass sich sowohl auf die
Repräsentation der Inhalte als auch auf Daten- und Informationsflüsse
bezieht.
Abbildung 3: Schreibaufgabe im Schülerdesktop
Kurzbeschreibung der implementierten Module
Abbildung 4: Auswahl der einzelnen Aufgabenmodule im Lehrerwerkzeug
Entwicklungsschwerpunkt G-Schule:
- Bildergeschichte: Hier können Abfolgen von Bildern über mehrere
Seiten mit Text und Ton zu einfachen oder komplexen Geschichten verknüpft
werden.
- Puzzle: Beliebige Bilder können als Puzzleaufgaben bereitgestellt werden.
Es können Anpassungen bei der Anzahl und Größe der Puzzleteile
gemacht und unterschiedliche Hilfemechanismen aktiviert werden.
- Rechenbox: Im Zahlenraum bis 20 können hier Additions- und Subtraktionsaufgaben
in einer grafisch-Textuellen Repräsentation gestaltete werden. Der Schüler
muss diese dann je nach Konfiguration durch den Lehrer entweder durch Eingabe
einer Lösung, durch verschieben farbeiger Rechenplättchen oder durch
eine Mischform lösen.
- Wortbaukasten: Der Lehrer kann Bildern Wörter oder Begriffe zuordnen
und diese in Silben oder einzelne Buchstaben zerlegen lassen, die der Schüler
dann in einem dem Bild zugeordneten Schreibfeld zusammensetzen muss.
- Zuordnung (allgemein): Schwerpunktmäßig können hier Bild-Bild
Zuordnungen gestaltete werden. Es lassen sich jedoch auch beliebe Zuordnung
zwischen Bildern, Ton und Text erstellen.
- Zuordnung (Wort-Bild): Mit der Wort-Bild-Zuordnung können Bildern bzw.
Abbildungen Begriffe, Wörter oder Sätze zugeordnet werden. Der Schüler
muss anschließend den Text in Form von Kärtchen den entsprechenden
Bildern zuordnen.
Entwicklungsschwerpunkt Förderschule:
- Lückentext: Hier können Lückentexte erstellt werden, bei
denen der Schüler anschließend Wortkärtchen mittels Drag&Drop
Operationen in die vorgegebenen Lücken einfügen muss.
- Multiple-Choice: Der Lehrer kann mit Hilfe eines Assistenten mehrseitige
Multiple-Choice-Aufgaben erstellen. Der Schüler arbeitet diese dann sequentiell
ab und erhält am Ende eine Auswertung seiner Lösung.
- Sachrechnen: Mit diesem Modul können Textaufgaben in unterschiedlichen
Repräsentationsformen erstellt werden.
- Satzbaukasten: Analog zum Wortbaukasten können hier Übungen mit
ganzen Sätzen erstellt werden.
Nähere Informationen unter http://www.lernkiste-bw.de
Kooperationspartner
- Kultusministerium Baden-Württemberg (Medienoffensive Schule II)
- Kirnbachschule, Tübingen
Publikationen
- Lingnau, A. & Harrer, A. (2008) . Designing Software for Pupils with
Special Needs: Analysis of an Example for Complementary Action Design. In
Pierre Dillenbourg & Marcus Specht (Eds.), Times of Convergence: Technologies
Accross Learning Contexts. 3rd European Conference on Technology Enhanced
Learning, EC-TEL 2008. Proceedings. Lecture Notes in Computer Science
5192 (pp. 245-249). Berlin: Springer.
- Lingnau, A. (2008) . A software design approach for pupils with special
needs. In Paloma Diaz, Kinshuk, Ignacio Aedo, Eduardo Mora (Eds.), Proceedings
of 8th IEEE International Conference on Advanced Learning Technologies (pp.
128-130). IEEE Computer Society, Los Alamitos, CA.
- Lingnau, A. (2008) . Nutzung eines Wiki bei der Entwicklung von Lernsoftware
- ein Praxisbericht. In J. Moskaliuk (Hrsg.) Konstruktion und Kommunikation
von Wissen mit Wikis. Boizenburg: Verlag Werner Hülsbusch, 2008,
113-122. Lingnau & P. Zentel (2008). A computer supported learning
environment to support pupils with cognitive disabilities and their teachers.
Proceedings of International Conference of the Learning Science (ICLS), Utrecht,
2008.
- Lingnau, A., Zentel, P., & Cress, U. (2007). Fostering collaborative
problem solving for pupils with cognitive disabilities. In C. A. Chinn, G.
Erkens, & S. Puntambekar (Eds.), Proceedings of the Computer Supported
Collaborative Learning Conference 2007: International Society of the Learning
Sciences (pp. 447-449). New Brunswick, NJ: International Society of the
Learning Sciences.
- P. Zentel, A. Lingnau & E. Ratzke (2007). A multi-media software environment
for children with cognitive disability. In R. Carlsen, K. McFerrin, J. Price,
R. Weber, & D. A. Willis (Eds.), Proceedings of the Society for Information
Technology and Teacher Education International Conference 2007 (pp. 3668-3673).
Chesapeake, VA: AACE.
- Lingnau, A., Zentel, P., & Mästle, T. (2007). A computer-supported
learning platform for pupils with cognitive disabilities. In Proceedings
of the German E-Science Conference 2007. URL: http://edoc.mpg.de/316636.