Collaborative Biases
Arbeitsgruppe | Wissenskonstruktion |
Laufzeit | 04/2017–09/2021 |
Förderung | Leibniz-Gemeinschaft (Nachwuchsprojektgruppe im Rahmen der Förderlinie 4: Frauen für wissenschaftliche Leitungspositionen im SAW-Verfahren 2017) |
Projektbeschreibung
Die Nachwuchsprojektgruppe „Collaborative Biases“ untersuchte, inwiefern sich Verzerrungen in der Informationsverarbeitung, die aus der Forschung mit Individuen bekannt sind, auch in kollaborativ produzierten Web-Inhalten wiederfinden lassen. Beispielsweise wurde untersucht, ob die „eigene“ Gruppe in Wikipedia-Artikeln über einen internationalen Konflikt (z.B. die Ukraine im ukrainischen Artikel über die Krimkrise und Russland im russischen Artikel über die Krimkrise) systematisch besser dargestellt wurden. Solche Verzerrungen in Wikipedia und anderen Online-Enzyklopädien können wiederum eine breite Leserschaft beeinflussen.
Die Projektgruppe untersuchte insbesondere drei Aspekte, die in der Entstehung von Verzerrungen in sozial ausgehandelten Wiki-Artikeln eine Rolle spielen können: (1) die Regeln, die in einem kollaborativen System (z.B. Wikipedia/Conservapedia) gelten, (2) die Abstimmung eigener Beiträge auf die (erwarteten) Meinungen anderer Autorinnen und Autoren und der Leserschaft (audience tuning), und (3) den Verbreitungsgrad einer Informationsverzerrung. Für die Untersuchung dieser Aspekte wurden sowohl ökologisch valide Feldstudien (z.B. Vergleiche von Artikeln unterschiedlicher Online-Enzyklopädien; Vergleiche von Beiträgen derselben Autorinnen und Autoren zu verschiedenen Sprachversionen eines Artikels – z.B. dem russischen vs. ukrainischen Artikel zur Krimkrise) als auch präzise kontrollierte Laborexperimente durchgeführt.
Die Projektergebnisse zeigten unter anderem, dass es einen kollektiven Ingroup Bias in Wikipedia gibt. So zeigte sich in mehreren Studien, dass Wikipedia-Artikel die Gruppe der Konfliktparteien bevorzugten, die dieselbe Sprache sprachen (d.h. die "Ingroup"). Die anderssprachige Gruppe (d.h. die "Outgroup") wurde dagegen als systematisch unmoralischer und stärker für den Konflikt verantwortlich dargestellt.