mobile icon
Projekt

Ärger über die Vergangenheit, Angst vor der Zukunft? Die Untersuchung von zwei emotionsbasierten Pfaden zu kollektivem Protest

ArbeitsgruppeSoziale Prozesse
Laufzeit11/2022-10/2025
FörderungDFG
Projektbeschreibung

Nachrichten über das Weltgeschehen sowie ein Blick in die jüngere Vergagenheit zeigen oft: Passionierte Proteste sind wichtige Treiber für sozialen Wandel und gehen auf die unterschiedlichsten Anlässe zurück. Diese Art des gemeinschaftlichen, auf ein geteiltes Ziel ausgerichteten Handelns wird als kollektiver Protest bezeichnet. Aber was genau motiviert Menschen, an Demonstrationen teilzunehmen, Petitionen zu unterschreiben und sich anderweitig kollektiv zu engagieren?


Zahlreiche Studien legen nahe, dass Proteste in Reaktion auf kollektive Diskrepanzen entstehen – also wenn eine beobachtete Situation von den Idealvorstellungen einer bzw. mehrerer Personen abweicht. Bisher hat sich die Forschung vor allem auf Situationen konzentriert, in denen die Mitglieder einer bestimmten Gruppe die aktuelle oder vergangene Behandlung dieser Gruppe als ungerecht bewerten. Vernachlässigt wurde dabei jedoch, dass Personen, die mit einer Diskrepanz konfrontiert sind, sich nicht nur auf ihre Ursachen konzentrieren, sondern auch darüber spekulieren können, wie sich die Situation in Zukunft entwickeln wird. Dabei können sie zu dem Schluss kommen: Es könnte noch viel schlimmer werden. Während ein Fokus auf vergangene Ungerechtigkeiten mit Ärger verbunden ist (welcher Protest fördert), ist ein Fokus auf potenzielle negative Entwicklungen in der Zukunft mit Angst verbunden, einer Emotion, die bisher in der Forschung zu kollektivem Protest wenig beachtet wurde.


Ziel dieses Projektes ist es daher, bestehende Erklärungsmodelle für kollektiven Protest um die Betrachtung von Angst zu erweitern. Dazu wird im ersten Schritt mithilfe von Experimenten untersucht, welche Informationen welche Emotionen im Kontext einer Diskrepanz auslösen. Dabei nutzt das Projekt Materialien, die beispielsweise an Medienberichte oder Inhalte aus sozialen Netzwerken angelehnt sind. Anschließend wird untersucht, wie sich vor allem Ärger und Angst auf die Bereitschaft, sich an unterschiedlichen Formen kollektiven Protests zu beteiligen, auswirken. Ergänzt werden diese experimentellen Studien durch längsschnittliche Feldstudien. Insgesamt liefert das Projekt wichtige Bausteine für ein besseres Verständnis sozialer Veränderungsprozesse und der Faktoren, die sie motivieren. Durch seinen Fokus auf Emotionen hilft es außerdem dabei, abzuschätzen, ob Emotionen für Proteste einflussreicher sind als Fakten, wie es die Bezeichnung der aktuellen Zeit als "post-faktisches Zeitalter" nahelegen.

Kontakt

Dr. Lara Ditrich Dr. Lara Ditrich
Tel.: +49 7071 979-268

Projektteam

Sarah Gina Febriana