Wie gehen Menschen mit Gegenmeinungen um?
Arbeitsgruppe | Wahrnehmung und Handlung |
Laufzeit | 01/2012–offen |
Förderung | IWM-Haushaltsmittel |
Projektbeschreibung
Es wird allgemein angenommen, dass Menschen Informationen bevorzugen, die der eigenen Meinung entsprechen und Gegenmeinungen weitgehend ausblenden. Dieses Streben nach Bestätigung und „Gleichklang“ wird auch für eine Reihe von toxischen Phänomenen im Internet verantwortlich gemacht: das Entstehen von Echokammern und Filterblasen, die Polarisierung der Gesellschaft, oder die Verbreitung von Falschinformationen. Das vorliegende Projekt untersucht, wie Menschen mit Gegenmeinungen umgehen – werden Gegenmeinungen wirklich ignoriert?
In den bisher durchgeführten Studien konnte gezeigt werden, dass Menschen bestätigende Informationen bevorzugen, wenn sie gefragt werden, welche Informationen sie lesen wollen. Dieser Trend kehrt sich aber um, wenn Menschen gefragt werden, auf welche Beiträge (z.B. in Online-Diskussionsforen) sie antworten wollen – hier werden vermehrt Beiträge ausgewählt, die der eigenen Meinung widersprechen. Das Antworten auf Gegenmeinungen wird zudem in der maschinellen Auswertung der Kommentarspalten eines großen deutschen Nachrichtenmagazins bestätigt. Weitere Experimentalstudien haben untersucht, wie sich Charakteristiken wie das Diskussionsklima, das eigene Wissen, die Sicherheit in das eigene Wissen und wie sich Persönlichkeitsmerkmale auf die Tendenz auswirken, auf Gegenmeinungen zu antworten. Außerdem wurden erste Belege dafür gefunden, dass das Antworten auf Gegenmeinungen (genauso wie das Lesen von bestätigenden Meinungen) zu einer Polarisierung führen kann. Zudem wird das Antwortverhalten von Internetnutzenden in einer externen Kooperation untersucht, in der ein Test entwickelt wurde, der die Empfänglichkeit von Menschen für manipulative Beiträge in sozialen Medien misst.
Das Projekt nimmt einen neuen Blick auf die Internetnutzung ein. Demnach sind Menschen in sozialen Medien nicht so stark konfliktvermeidend, wie bisher angenommen wurde. Dies hat praktische Auswirkungen darauf, wie gesellschaftlichen Problemen (z.B. Meinungspolarisierung) begegnet werden kann.
Kooperationen
Dr. Nadia Said, Eberhard Karls Universität Tübingen (Fachbereich Psychologie)
Jon Roozenbeek, University of Cambridge, UK
Rakoen Maertens, University of Cambridge, UK