Wissenschaftliche Erkenntnisse finden immer schneller ihren Weg an die Öffentlichkeit: Online treffen Praktikerinnen und Praktiker auf Forschende und tauschen sich aus. Vom 25. bis 26. März widmete man sich am IWM dem digitalen Wissenstransfer. Ein Netzwerk von Psychologinnen und Psychologen zeigte dabei, wie es auf diesem Weg bereits heute den Integrationsprozess Geflüchteter konkret unterstützt. Eine Podiumsdiskussion mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Praxis, Politik und Medien rundete die Veranstaltung ab.
Beim Workshop mit Akteuren aus Wissenschaft und Praxis sollten Verbesserungsmöglichkeiten für den digitalen Wissenstransfer aufgedeckt werden und Praxisfragen gesammelt, die bislang nicht ausreichend beantwortet wurden. Psychologinnen und Psychologen des Fachnetzwerkes Sozialpsychologie zu Flucht und Integration berichteten, wie das bundesweite Netz durch digitale Wissenskommunikation den Integrationsprozess Geflüchteter konkret unterstützt. Die Frage, wie wissenschaftliche Fakten die emotional geführte Debatte versachlichen können, brachte das IWM zudem am ersten Veranstaltungstag an den Diskussionstisch.
SWR-Chefredakteurin sieht Medien in der Verantwortung
Die Medien stünden bei der Berichterstattung vor allem in der Verantwortung, auf Formulierungen und den Ton zu achten, betonte die Zweite Multimediale Chefredakteurin des Südwestrundfunks Dr. Gabi Biesinger. Dem stimmte Veronika Kienzle, Referentin der Baden-Württembergischen Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung. Denn die Art und Weise, wie Fakten berichtet werden, beeinflusse unsere Wahrnehmung von Geflüchteten, wie auch zahlreiche sozialpsychologischen Studien belegen.
Tübinger Oberbürgermeister diskutiert mit
Das Vorhandensein von Vorurteilen gegenüber Geflüchteten erklärte Dr. Helen Landmann, Sprecherin des Fachnetzwerks Sozialpsychologie zu Flucht und Integration, mit der Kontakthypothese. Diese besagt, dass positiver Kontakt mit Fremdgruppen zum Abbau von Vorurteilen führt. Positiver Kontakt trete in der Realität daher viel häufiger auf als negativer. Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer forderte in der Diskussion dagegen, die Auswirkungen von negativem Kontakt nicht unter den Tisch zu kehren. Besonders Kriminalitätsstatistiken würden hier ein klares Bild zeigen. Moderator Dr. Jens Hellmann hob schließlich hervor, dass wissenschaftliche Evidenz nicht nur auf prozentualen Häufigkeiten, sondern vielmehr auf der Erklärung von Ursachen, Rahmenbedingungen und Folgen basiert.
Die Podiumsdiskussion machte erneut deutlich, dass wissenschaftliche Evidenz unterschiedlich verstanden wird. Wissenschaftliche Fakten, so der Konsens, sind als Basis von Debatten und politischer Entscheidungsprozesse notwendig. Dabei müssen aber Studienergebnisse in der Summe und nicht einzeln betrachtet werden.